Saturday, October 27, 2007

Gus Hansen – Das große Exklusiv-Interview

Gus Hansen – Das große Exklusiv-Interview

Ich habe einen „Gus“! – Diese mittlerweile nicht unübliche Bezeichnung für „Monsterhände“ wie z.B. 4-2 offsuit sagt schon viel über den Spielstil des „Great Dane“ aus. Seine Art Poker zu spielen wurde schon oft kopiert, doch selten mit Erfolg. PokerOlymp Reporter Sebastian Huppertz hat den gut gelaunten Full Tilt Profi getroffen und in einem ausführlichen Interview einiges über ihn erfahren können. Lesen Sie selbst, warum man sich nicht immer an Strategiebücher halten sollte, warum es bei der WSOP einfach nicht klappen will und wie sein Verhältnis zu den deutschen Frauen ist.


Sebastian Huppertz: „Gus, Sie sind bekannt dafür besonders loose und aggressiv zu spielen. War das schon immer so? Oder haben Sie früher auch mal etwas konservativer gespielt?“

Gus Hansen: „ Ich hatte da eigentlich schon immer meinen eigenen Stil. Ich hab zwar anfangs ein wenig über Poker gelesen, um erstmal eine Ahnung von dem Spiel zu bekommen – aber ich habe dann meinen eigenen Stil kreiert. Vor einiger Zeit, vielleicht vor fünf Jahren, war ich noch viel verrückter als jetzt. Ich habe sehr aggressiv gespielt, wusste aber nicht immer was ich da eigentlich tue – Das weiß ich allerdings teilweise auch heute nicht! (lacht)
Ich bin aber, glaube ich, heute ein viel besserer Spieler als damals. Vor kurzem z.B. war ich bei der WSOP Europe in London und mir sind dort eine Menge dieser jungen, aggressiven Spieler aufgefallen. Aber eine Sache fehlte diesen Spielern, wie auch mir damals: Nämlich die Fähigkeit auch mal einen Gang zurückschalten zu können. Immer nur in eine Richtung und ohne Rücksicht auf Verluste! – Gegen manche Gegner muss man eben anders spielen. Sicher spiele ich auch heute noch viele verrückte Hände, aber mittlerweile habe ich ein besseres Gefühl für die jeweiligen Situationen.“

Sebastian Huppertz: „Die Skandinavier sind ja sowieso bekannt dafür sehr aggressiv zu spielen – So nach dem Motto: erstmal Reraisen, um zu sehen, ob der Gegner wirklich was auf der Hand hält. Glauben Sie, dass Sie diesen skandinavischen Pokerstil mitgeprägt haben?“

Gus Hansen: „Ich denke schon, dass da etwas dran ist. Als der Pokerboom in Dänemark begann, waren natürlich viele meiner frühen Erfolge im Fernsehen zu sehen. Da hatte ich dann schon mal 42o und habe damit dann riesige Bluffs auf dem River gemacht und ähnliche verrückte Sachen. Aber davon abgesehen denke ich, dass das Internet einen noch größeren Einfluss auf diesen Stil hatte. Es ist einfacher am Computer auf den Raisebutton zu klicken, als am echten Pokertisch seine Chips in die Mitte zu schieben. Hinzu kommt, dass die Turnierstruktur im Internet schneller ist. Die Blinds steigen schneller und daher muss man eben aggressiver spielen.“

Sebastian Huppertz: „Außerdem macht es doch einfach mehr Spaß viele Hände zu spielen. Oder wie sehen Sie das?“

Gus Hansen: „Es macht natürlich mehr Spaß, seine Hände zu spielen, als sie immer wieder wegzuwerfen. Aber es kommt noch ein wichtiger Aspekt hinzu: Wenn man foldet, ist man mental nicht „in der Hand“. Selbstverständlich versucht man auch dann, das Spiel der anderen zu beobachten und eventuell einen Tell aufzunehmen – Aber, über einen Zeitraum von mehreren Stunden schafft, das auch der beste Spieler nicht. Irgendwann wirft man die Karten weg und lehnt sich dann einfach zurück und entspannt sich. Es ist außerdem lehrreicher, viele Hände zu spielen. Klar, vielleicht spielt man dann etwas zu loose, aber man lernt dabei. Wie spielt man beispielsweise K7os? Probiert es einfach aus! Daher mein Tipp an jeden, der das Spiel lernen will: Spiele ein paar Hände mehr! Wie will man denn jemals lernen, wenn man immer der Richtlinie folgt?! Verlasst einmal den rechten Weg und probiert ein paar Sachen aus. So habe ich meinen eigenen Spielstil kreiert.“


Sebastian Huppertz: „Das ist so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Howard Lederer sagte – Er hat jedem Anfänger empfohlen sehr tight zu spielen…“

Gus Hansen: „Howard Lederer hat da schon irgendwie recht… Aber das lustige ist ja, es ist Poker: Es gibt kein richtig oder falsch. Und selbstverständlich ist es für einen Anfänger sehr schwer mit schwachen Karten zu spielen. Ich habe da einfach viel mehr Erfahrung und ich kann meine Gegner besser lesen. Sicher, man wird als Anfänger mit Howards Tipp wahrscheinlich bessere Resultate erzielen, aber ich denke, durch das Spielen vieler Hände lernt man schneller.“ (Pause)
„Hey, ich habe übrigens auch so ein Diktiergerät wie dieses hier!“ (nimmt das Diktiergerät in die Hand)

Sebastian Huppertz: „Ja, ich habe gelesen, dass Sie es nutzen, um später ihre Hände zu analysieren. Das machen Sie, weil Sie gerade an einem Buch arbeiten, richtig? Gibt es da etwas Neues?“

Gus Hansen: „Ja, im Prinzip bin ich mit meiner Arbeit auch schon fast zu Ende – nur etwas Feintuning hier und da fehlt noch. Ich denke, dass das Buch dann Anfang 2008 erhältlich sein wird. Im Prinzip geht es in dem Buch um meinen Sieg bei den Aussie Millions Turnier im Januar dieses Jahres. Es gibt einen Überblick über alle Hände, die ich in diesem Turnier gespielt habe. Einschließlich ein paar langweiliger Hände, wo ich einfach nur geraist habe und daraufhin alle gefoldet haben. Aber mir geht es darum zu zeigen, wie man ein Turnier gewinnt. Was für Hände hab ich gehabt? Hatte ich immer Asse und meine Gegner bloß Könige? Oder habe ich viele Blinds gestohlen? Ich will zeigen, warum ich in einer bestimmten Situation, eben genau diese Entscheidung am Tisch getroffen habe. Insgesamt sind es, glaube ich, so 320 Hände, die ich während des Turniers gespielt habe. So ein Buch ist bisher in dieser Art noch nicht geschrieben worden. Jeder kann dann sehen, wie krank ich wirklich bin!“ (lacht)

Sebastian Huppertz: „Sie konnten ja bisher bei der World Poker Tour große Erfolge feiern – ich glaube, insgesamt vier Titel haben Sie dort gewonnen. Aber bis jetzt konnten Sie noch kein Bracelet bei der WSOP gewinnen. Haben Sie dafür eine Erklärung?“

Gus Hansen: „Die einfachste Erklärung dafür ist: Ich habe einfach sehr viel Pech! (wiederholt noch einmal ins Mikrofon) Ich habe einfach sehr, sehr, sehr viel Pech!! (lacht) Nein, jetzt mal ehrlich: Man muss gutes Poker spielen und man muss zusätzlich Glück haben, um Turniere zu gewinnen. In den letzten 4 – 5 Jahren habe ich für die recht geringe Anzahl meiner Turnierteilnahmen doch recht viele Erfolge gehabt. Es waren aber halt nun mal WPT-Events, die ich gewinnen konnte und eben nicht WSOP-Turniere. Weil es ein anderes Feeling ist bei der WSOP zu spielen? Ist es schwieriger ein WSOP Event zu gewinnen? Nein, nicht wirklich! Ich habe bei der WPT einfach bessere Karten gehabt und habe den Flop besser getroffen. Phil Hellmuth z.B. hat 11 WSOP-Bracelets gewonnen, aber noch kein WPT-Turnier. Warum? Weil es schwieriger ist, bei der WPT zu gewinnen? Nein – ich meine, ihm gebührt große Ehre für das, was er erreicht hat – 11 Bracelets zu gewinnen ist schwierig! (spricht wieder laut ins Mirkofon) Auch wenn bei einigen seiner Siege gerade einmal 28 Leute mitgespielt haben! (lacht wieder) Phil legt eben großen Wert darauf, Bracelets zu gewinnen, ich hingegen bin eher an einem großen Preispool interessiert. Ein anderes Argument ist vielleicht noch, dass so eine World Series einfach sehr anstrengend ist. Es gibt dort immer eine Menge großer Cashgames, an denen ich teilnehme. Nach drei Nächten in Folge an diesen Tischen bin ich dann nicht mehr so fit für die Turniere. Es ist auch psychologisch sehr schwierig, vom Cashgametisch an den Turniertisch zu wechseln. Angenommen, ich habe z.B. in der Nacht zuvor $100.000 verloren und muss nun in der Anfangsphase des Turniers mit 25/50 Blinds spielen. Ich frage mich dann: Was machst du eigentlich hier?! Also, wie Sie sehen, gibt es verschiedene Gründe – aber der wichtigste Faktor im Turnierpoker ist nun einmal Glück! Man braucht Glück, um ein großes Turnier zu gewinnen. Da führt kein Weg dran vorbei!“ (Pause)) „Mann, bin ich gut heute! – einige unglaublich großartige Antworten von mir!“ (lacht)


Sebastian Huppertz: „Gus, Sie haben ja schon immer sehr viel Sport getrieben. Sie waren z.B. ein ausgezeichneter Tennisspieler – Hat Ihnen das in irgendeiner Form beim Pokerspielen geholfen?“

Gus Hansen: „Man sieht in letzter Zeit immer mehr junge Spieler, die großen Erfolg haben. Natürlich könnte man sagen, dass das an ihrem aggressiven Spielstil liegt. Aber ich denke, dass es außerdem hilft, in Form zu sein. Die Turniere sind lang und anstrengend. Und es ist einfach eine Tatsache des Lebens, dass junge Menschen weniger Probleme damit haben lange konzentriert zu bleiben, als z.B. ein 55-jähriger Geschäftsmann. Dieser wird selbstverständlich eher müde als ein 23-jähriger Student. Das ist einfach eine Tatsache. Daher würde ich schon sagen, dass es mir hilft, dass ich soviel Sport mache. Außerdem entwickelt man als Sportler eine gewisse Siegermentalität. Wenn ich spiele, dann will ich immer gewinnen! (spricht wieder laut ins Mikro) Obwohl ich gerade aus fxxxxxx London komme und fxxxxxx 10ter geworden bin!“ (lacht) “

Sebastian Huppertz: „Ich habe gehört, dass Sie auch Fußball spielen. Ist das richtig?“

Gus Hansen: „Ich spiele sogar in einer richtigen Mannschaft in Dänemark! Wir sind schon ein beschissenes Team – Aber Hey, wir spielen! Ich glaube, wir spielen in der 7. oder 8. Liga in Dänemark. Das Team besteht zum größten Teil aus meinen Tennisfreunden, darunter auch viele Top 10 Spieler aus Dänemark. Ich denke, wir sind das beste Fußballteam der Welt – im Tennis! Aber wir müssen ja Fußball spielen… (lacht)“

Sebastian Huppertz: „Welche Position spielen Sie? Lassen Sie mich raten – Sie sind Stürmer?!“

Gus Hansen: „Auch wenn es mir schwer fällt das zuzugeben, aber ich bin leider nicht so gut am Ball. Aber dafür kann ich ganz schön viel laufen! Daher spiele ich im defensiven Mittelfeld und gehe meinen Gegnern auf die Nerven, wenn sie den Ball haben. Ich bin sozusagen der klassische Spielverderber!“

Sebastian Huppertz: „Und ihr Lieblingsteam?“

Gus Hansen: „Nein, habe ich gar nicht. Ich bin auch da ein bisschen anders als die Anderen. Ich liebe es, den besten Mannschaften der Welt zuzuschauen. Zum Beispiel der Mannschaft vom AC Milan aus den 90ern mit Franco Baresi usw. oder jetzt dem FC Bayern. Wenn z.B. eine dänische Mannschaft gegen ein deutsches Team spielt, dann sollte ich eigentlich dem Team aus Dänemark die Daumen drücken – Das Problem ist nur, dass die Mannschaft aus Deutschland in der Regel besser ist. Und ich halte zum besseren Team! Ich bin also kein besonders loyaler Typ!“ (lacht)

Sebastian Huppertz: „Ich würde mich ja gerne noch länger mit Ihnen über Fußball unterhalten, aber ich glaube ich frage Sie dann lieber doch noch etwas über Poker. Es gab da diese unglaubliche Hand gegen Daniel Negreanu bei High Stakes Poker. Sie hatten einen Vierling 5er gegen Daniels Fullhouse und haben einen Pot von fast $600,000 gewonnen. Was haben Sie eigentlich während dieser Hand gedacht?“

Gus Hansen: „Dass ich ein verdammter Glückspilz bin! (lacht) Nein, diese Hand war schon ziemlich abgedreht. Auf dem Flop kam 9-6-5, ich hatte einen 5er Drilling, aber auch das Gefühl, dass Daniel eine ziemlich starke Hand hält. Er könnte eine Straße gefloppt haben, oder einen besseren Drilling. Als dann aber der Turn eine weitere 5 brachte, war mir klar: Ich gewinne diese Hand und Daniel hat keine Chance mehr. Ab diesem Punkt geht es nur darum, deinem Gegner soviel Geld wie möglich aus der Tasche zu ziehen. Von meinen früheren Erfahrungen mit Daniel wusste ich, dass es richtig war, auf dem Turn zu setzen und dann auf dem River einen Checkraise zu versuchen. Ich will nicht sagen, dass ich die Hand perfekt gespielt habe – vielleicht gab es sogar die Chance, dass Daniel einen Riesenlaydown macht. Aber dieses Mal hat es funktioniert. Das nächste Mal wenn ich mit ihm um einen großen Pot kämpfe, muss ich vielleicht etwas völlig anderes machen.“

Sebastian Huppertz: „Sie schreiben auf ihrer Homepage, dass Sie kein Freund von großen Laydowns sind. Sehen Sie auch nur die geringste Chance, dass Sie an Daniels Stelle auf dem River gefoldet hätten?“


Gus Hansen: „Tja, ich habe da so eine Faustregel. Und zwar (spricht wieder direkt ins Mikrofon):

Wenn man als Spieler in der ersten Position vor dem Flop raist und daraufhin der nächste Spieler reraist und man daraufhin callt – nach dem Flop checkt, darauf der andere Typ setzt und man danach checkraist und er callt – auf dem Turn setzt, er callt – auf dem River checkt, er setzt und man checkraist all-in - mit soviel Information in der Hand, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die viertbeste Hand nicht mehr gut genug ist!

Aber um zur Frage zurückzukommen: Ich habe im Nachhinein leicht reden. Die Chance für einen Laydown war mit soviel Informationen sicherlich da – aber hätte ich gefoldet?! Keine Ahnung, aber ich bin einfach nur unendlich froh, dass ich in dieser Situation nicht in Daniels Haut gesteckt habe! Es ist einfach unglaublich schwer bei Hold’em ein Fullhouse zu folden!“ (Pause – und spricht wieder direkt ins Mikro): „Wow, bin ich heute gut – das ist das beste Interview, dass ich jemals gegeben habe!“ (lacht)

Sebastian Huppertz: „2004 wurden Sie vom People Magazine als Pokerspieler mit dem meisten Sexappeal aufgeführt…“

Gus Hansen: „Ja, damals wollte man unbedingt einen Pokerspieler in die Liste der 50 „Sexiest Men“ haben. Und um ehrlich zu sein, gibt es eine ganze Menge hässlicher Pokerspieler – nein, wirklich wahr! Und es war offensichtlich, dass die Leute vom People Magazine jemanden haben wollten, der in letzter Zeit Erfolg hatte, jung ist und eine offene, freundliche Art an den Tag legt. Sie hätten genauso gut Patrik Antonius oder Phil Ivey nehmen können – Naja, aber letztendlich haben sie mich gewählt. Das macht mir natürlich nichts aus!“ (lacht)

Sebastian Huppertz: „Da fällt mir ein… Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege… Sie haben keine Freundin?“

Gus Hansen: „Nein!“

Sebastian Huppertz: „Warum?“

Gus Hansen: „Weil ich einfach zu viele Frauen mag! Nein, ich kenne mich einfach zu gut! Momentan halte ich nicht Ausschau nach einer festen Freundin, weil ich glaube, dass eine Beziehung nicht funktionieren würde. Ich reise um die Welt, spiele Poker und mache, was mir Spaß macht. Eigentlich gefällt mir der Gedanke überhaupt nicht, jemandem ständig Rechenschaft ablegen zu müssen. Ich gehe da lieber mit meinen Freuden etwas trinken und treffe dann hoffentlich das ein oder andere hübsche Mädchen an der Bar. Das ist dann doch eher mein Stil! (lacht) Ich treffe gerne hübsche Frauen aus Wiesbaden, Köln, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt… Wo auch immer!“

Sebastian Huppertz: „Dann müssen wir die deutschen Frauen ja schon einmal vorwarnen! Mr. Hansen, vielen Dank für das ausführliche Interview. Es war sehr nett!“

Gus Hansen: (schaut auf die Uhr) „Mann, wie lange haben wir denn miteinander gesprochen?! – Naja, gern geschehen, es war mir eine Freude!“

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